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Sind Anlagen bei Wohnungsbaugenossenschaften sinnvoll und sicher?

26.10.2015 - David Stahmann - 0 Kommentare

Wohnungsbaugenossenschaften - sicher & sinvoll?

Worum geht es bei Wohnbaugenossenschaften eigentlich? Das Kerngeschäft dieser Unternehmen ist das Bauen und Verwalten von günstigen Wohnungen. Die Mitglieder der Genossenschaften zeichnen Anteile und erhalten dafür bei Bedarf bezahlbaren Wohnraum und/oder eine Gewinnbeteiligung, sollte sich das Geschäft positiv entwickeln. Da das durch die Mitglieder bereitgestellte Kapital nicht immer ausreicht, nehmen einige Genossenschaften zusätzliches Kapital in Form von Krediten auf (z. B. ganz klassisch von Banken).

Darüber hinaus geschieht dies teilweise aber auch über Sparprodukte wie man sie eigentlich nur von größeren Banken kennt (z. B. Sparbriefe, Festgelder etc.). Laut einem Artikel der Zeitschrift Finanztest bieten aktuell 48 von 1.800 Wohnungsbaugenossenschaften derartige Anlageformen in Deutschland an. Dafür nötig ist eine eingeschränkte Banklizenz, die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erteilt wird. Die BaFin prüft auch die Jahresabschlüsse der Genossenschaften, allerdings ist die Prüfung weniger detailliert und mit der von klassischen Finanzinstituten nicht zu vergleichen.

Um bei einer Wohnungsbaugesellschaft Geld anlegen zu können, muss man in aller Regel erst einmal Mitglied werden, also Anteile zeichnen. Hierfür gibt es jeweils Mindestbeträge, die im Bereich mehrerer 1.000 EUR liegen können. Als Gegenleistung erhält man die bereits oben erwähnte Erfolgsbeteiligung (Dividende), sofern Profite erwirtschaftet wurden und diese nicht zur Bildung von Rücklagen genutzt werden (müssen). Die Dividende ist allerdings nicht garantiert und mit der Mitgliedschaft sind auch Pflichten verbunden, denn geht die Gesellschaft pleite, kann es sein, dass die Mitglieder Geld nachschießen müssen, um die Unternehmung zu retten. Die Mitgliedschaft ist daher eine unternehmerische Beteiligung mit all ihren Chancen (Dividende) und Risiken (Totalverlust) und ohne die Kontrolle durch die BaFin.

Neben dem Pflichtanteil gibt es nicht selten eine zu entrichtende Aufnahmegebühr, die, anders als der Pflichtanteil, beim Austritt aus der Genossenschaft nicht wieder erstattet wird. Teilweise bestehen im Übrigen auch regionale Einschränkungen, das heißt, dass nur Personen aus einem bestimmten Einzugsgebiet überhaupt Mitglied der Genossenschaft werden können. Hier gilt es, sich bei der jeweiligen Genossenschaft zu erkundigen.

Sobald man Genossenschaftsmitglied ist, kann man auch die Sparprodukte nutzen. Die Zinsen dieser Anlagen können sich bei einigen Genossenschaften durchaus sehen lassen. So gibt es z. B. bei der MWG-Wohnungsgenossenschaft Magdeburg bei einer Mindestanlage von 2.000 EUR für 6 Jahre Zinsen in Höhe von 2,25 % p. a. (siehe Angebot).

Was die Sicherheit angeht, so gilt es, zwei Ebenen zu unterscheiden: die Genossenschaft selbst und die Einlagensicherung. Die Genossenschaft als Unternehmung hat den Zweck der Schaffung und Erhaltung von erschwinglichem Wohnraum. Eine Zweckentfremdung der Gelder für spekulative Tätigkeiten (Stichwort Investment Banking) ist daher nicht möglich. Zudem besitzen die Genossenschaften meist ein recht breites Portfolio an Wohnungen, sodass der Erfolg nicht von kleinen Einzelinvestments abhängt. Gleichzeitig besteht aber natürlich eine Konzentration in der Anlageklasse Immobilien. Das Konzept der Wohnungsbaugenossenschaft macht auf uns aber insgesamt einen recht guten Eindruck. Wie gut oder schlecht nun die Genossenschaft xy wirtschaftet, lässt sich höchstens durch einen Blick in die Geschäftsberichte bzw. Bilanzen erahnen.

Die zweite Ebene der Sicherheit ist die Einlagensicherung. Hier ist zu beachten, dass die Spareinrichtungen der Wohnungsbaugenossenschaften nicht der als “gesetzliche Einlagensicherung” bekannten Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) unterliegen. Es besteht also im Falle einer Insolvenz kein gesetzlicher Anspruch auf Entschädigungszahlungen. Allerdings existiert seit 1974 ein Selbsthilfefonds der Branche, in der die 48 Genossenschaften regelmäßig Beiträge einzahlen. Sein Volumen lag Ende 2012 bei ca. 21,5 Mio. EUR. Zum Vergleich: Deutsche Anleger hatten zu diesem Zeitpunkt etwa 2,4 Mrd. Euro bei den Wohnungsbaugenossenschaften geparkt. Bisher musste der Fonds allerdings nicht zum Einsatz kommen. Zudem gilt: Diese Absicherung gilt nur für Spareinlagen, nicht aber für Beteiligungen, also Genossenschaftsanteile.

Die Vor- und Nachteile im Überblick

Vorteile

  • Attraktive Zinsen für Spareinlagen
  • Chancen durch die Mitgliedschaft in der Genossenschaft, insbesondere in Form höherer Renditen durch Dividendenzahlungen
  • Potentiell regionaler Bezug
  • Sinnhaftigkeit des Investments (Schaffung von erschwinglichem Wohnraum)
  • Konservatives Unternehmensmodell der Genossenschaften
  • Bezug von günstigerem Wohnraum als Mitglied und Mieter möglich

Nachteile

  • Zeichnung von Pflichtanteilen mit den damit verbundenen unternehmerischen Risiken (z. B. potentielle Nachschusspflicht, potentieller Totalverlust des Pflichtanteils)
  • Von der “gesetzlichen deutschen Einlagensicherung” unabhängiger Selbsthilfefonds der Genossenschaften, dessen Leistungsfähigkeit im Ernstfall völlig unklar ist (Unterstützung durch den Staat? Hilfe durch andere Einlagensicherungsfonds?)
  • Fehlender rechtlich einklagbarer Anspruch auf Entschädigung im Insolvenzfall

Unser Fazit zu Wohnungsbaugenossenschaften

Aus unserer Sicht spricht derzeit nichts gegen eine Sparanlage bei einer der Wohnungsbaugenossenschaften. Das Risiko ist zwar aufgrund der Charakteristik des Investments leicht höher als bei klassischem Tages- oder Festgeld, aufgrund der Chancen (Dividende) steht es aber in einem durchaus attraktiven Verhältnis zu diesem, zumal es gewisse zusätzliche Aspekte gibt, die für den ein oder anderen Anleger interessant sein könnten (z. B. der regionale Bezug). Man muss sich allerdings bewusst machen, dass hier andere Regeln gelten als bei einer normalen Bank mit Einlagengeschäft. Zudem muss klar zwischen Beteiligungen, also Anteilen an der Genossenschaft, und den Spareinrichtungen der Genossenschaften unterschieden werden.

Weiterhin gibt es keinen Standardprozess oder allgemeingültige Geschäftsbedingungen. Im Gegenteil: Jede Genossenschaft kann diese individuell für sich festlegen. Wer bekommt unter welchen Voraussetzungen ggf. Dividenden? Wer darf überhaupt Mitglied werden und ist somit berechtigt für eine Geldanlage bei der Genossenschaft? Existieren bestimmte Pflichten für Mitglieder? Es gilt also wie immer im Leben: Man sollte sich im Vorfeld gründlich informieren und sich die Vertragsbedingungen genau durchlesen und verstanden haben.

Wenn man sich der Chancen und Risiken dieser Anlage bewusst ist, kann sie eine sinnvolle Ergänzung zu einem breit diversifizierten Portfolio darstellen. Unser ganzes Vermögen zu einer einzigen Wohnungsbaugenossenschaft würden wir allerdings nicht transferieren wollen, denn eine solche Abhängigkeit gilt es aus unserer Sicht generell zu vermeiden.

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