11.03.2017 - Finanzjoker- 0 Kommentare
Auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen: Derzeit spielen Sie nur die Beute in der finanziellen Nahrungskette. Wollen Sie dem entkommen, müssen Sie die drei Mechanismen des Finanzdarwinismus anwenden. Wie diese funktionieren und zu Ihrer Evolution als Anleger und Finanzjoker-Aspirant beitragen, zeigt Ihnen der König der Geldnarren anhand konkreter Beispiele. Dazu gehört ein Blick hinter die Kulissen einer bestimmten Crowdfunding-Plattform. Zudem stellt er die Frage, ob Sie langfristig dem Druck bei manchen bekannten Anlagemarktplätzen gewachsen sind.
Lieber Aspirant des Finanzjoker-Status, es ist Zeit für die nächste Spielrunde! Ich hoffe, Sie sind seit dem Start meiner Kolumne mental vorbereitet auf das, was nun und in den nächsten Monaten auf Sie zukommt. Ab jetzt zeige ich Ihnen konkrete Schmerzpunkte, die es auf Ihrem persönlichen Kreuzweg zur finanziellen Erlösung zu bewältigen gilt. Sie sind unsicher, ob Sie soweit sind? Dann möge Sie der Geistesblitz treffen und Ihnen helfen. Sodenn, holen Sie Ihre Spieleinsätze heraus, rollen Sie die Hemdsärmel hoch und erwecken Sie Ihren Verstand. Ab heute gibt es für Sie kein Zurück mehr: Rien ne va plus!
Vor dem ersten Schritt auf Ihrer Pilgerreise gen Finanz-Mekka müssen Sie allerdings erst etwas Grundlegendes schaffen: Kommen. Sie. Aus. Ihrer. Ursuppe. Heraus. Ich rede natürlich von der Ursuppe im Zusammenhang mit der Evolutionstheorie. Ich will, dass Sie eine Finanz-Evolution durchmachen. Sonst werden Sie auch weiterhin innerhalb der geldlichen Nahrungskette hauptsächlich die Beute sein. Also: Nehmen Sie die Evolution als Leitfaden und verbannen Sie dessen Gegenpart, den Kreationismus, aus Ihren Gedanken.
„Wie bitte? Was war das gerade mit kreativem Mus? Soll ich jetzt etwa auch noch meine Ernährung umstellen, oder was? Frechheit...“
Na na na, die Rede ist von Kreationismus, dem geistigen Rivalen der Evolutionstheorie. Zur Wiederholung: Was waren noch einmal die prinzipiellen Kernaussagen beider Auffassungen?
„OK, du (Ur-)Suppenkasper! Ich hab’s verstanden, Deine grundlegende Botschaft ist rübergekommen. Meine Güte. Komm jetzt mal endlich zu konkreten Beispielen aus dem Alltag, die Du mir versprochen hast!“
Ah, sehr gut! Sie haben meine Botschaft aus dem ersten Beitrag verinnerlicht: Immer skeptisch bleiben, auch dem Finanzjoker in persona gegenüber. Sie haben recht: Genug der schnöden Theorie, hin zur handfesten Praxis. Um erfolgreich im Konkurrenzkampf des Finanz-Darwinismus zu bestehen, müssen Sie die drei grundlegenden Funktionsprinzipien der Evolution kennen, verstehen und für sich nutzen:
Dinge in Ihrem finanziellen Umfeld verändern sich und verlangen möglicherweise nach Umschichtungen (Mutation), die über den Fortbestand oder Ersatz der aktuellen Geld-Population in Ihrem Portfolio entscheiden (Selektion) und somit hoffentlich den Grundstein für ein zukünftiges pekuniäres Wachstum legen (Reproduktion). Hinweis: Sofern Sie nur die Aufmerksamkeitsspanne eines Twitter-Nutzers haben, erhalten Sie die prinzipielle Botschaft dieser Kolumne auch in Kurzform beim Finanzguerilla und seinen Finanz-Pokemons. Ansonsten fangen wir an mit:
Sie nutzen Crowdfunding-Plattformen wie Zinsland oder bettervest, um über verschiedene Anlageklassen hinweg zu diversifizieren? Gut! Dann haben Sie als Nutzer der ebenfalls bei Kritische-Anleger.de gelisteten Plattform greenXmoney wahrscheinlich auch am 17. Februar eine E-Mail mit den neuen AGB der Plattform bekommen, die am 17. März in Kraft treten. Schon interessant, was so drin steht, nicht? Was sagen Sie? Achsoo, Sie haben noch nie reingeschaut, obwohl Sie schon dort aktiv sind…. “Wird schon passen, bona fide!“, sagen Sie….Ja, sicher passt das – für greenXmoney auf jeden Fall. Aber auch für Sie und speziell Ihre persönliche Risikotragfähigkeit? *seufz* Na gut, ich gebe Ihnen mal Ausschnitte aus den neuen 11 Seiten, die durchaus Diskussionspotenzial haben.
Nun gut, es gibt aber noch andere wissenswerte Details bei den mutierten AGB:
Soviel zu greenXmoneys zukünftigen AGB als Beispiel für Mutationen in Ihrem Finanzdschungel. Sie sind davon als Nutzer betroffen? Dann lesen Sie selbst nach und treffen eine Entscheidung, ob es Ihre Anlagestrategie beeinflusst und ob Sie darauf reagieren müssen. Ansonsten wird diese Entscheidung für Sie getroffen. Halten Sie es wie unser scharfzüngiger Bankenmärchen-Onkel: “Lass Dir nichts erzählen!”
An dieser Stelle noch ein erhobener Zeigefinger vom Finanzjoker: Dies ist kein Warnläuten der Glöckchen meiner Narrenkappe, greenXmoney grundsätzlich zu meiden oder als Bösewicht in der Crowdfunding-Szene darzustellen. Viele der hierzulande existierenden Plattformen dürften mit ähnlichen oder sogar gleichen AGB bzw. Prozessen arbeiten. Es sind am Ende auch nur privatwirtschaftliche Unternehmen und nicht Ableger der Arbeiterwohlfahrt. Ebenso viele wiederum arbeiten wahrscheinlich komplett anders und haben möglicherweise eigene strenge Prüfprozesse.
Finden Sie selbst heraus, welche Plattform konkret wie arbeitet. Wozu durchlaufen Sie denn die Lektionen des Finanzjokers? Nicht umsonst erinnert mein Wortstil-Bruder im Geiste, Pascal von Fyou Money, an die Eigenverantwortung des einzelnen Anlegers. Und ja, natürlich macht das keinen Spaß. Ich hätte durchaus Besseres zu tun gehabt, als die neuen AGB von greenXmoney durchzulesen. Kartenspiele mischen sich schließlich auch nicht von selbst. Aber Sie werden jeden Informationsfetzen brauchen, wenn Sie ein homo oeconomicus und nicht der Finanz-Neandertaler sein wollen. Ein bisschen mehr „Ratio statt emotio“ bitte. Denn nur dann sind Sie bereit für...
Im Fall von greenXmoney kam es zu Veränderungen in der finanziellen Umwelt, die den bisherigen Status Quo zumindest herausfordern. Nachdem Sie als Hüter Ihrer Finanz-Herde sich der neu aufgetretenen Mutationen bewusst geworden sind, kommt der nächste Schritt im Evolutionsprozess, die Selektion. Passt der aktuelle „Gen“-Pool Ihres Portfolios immer noch oder muss Bestehendes aussortiert und Neues eingebaut werden? Evolution ist knallhart und radikal, da heißt es „Sterben und sterben lassen“. Also keine Gefühlsduselei, sondern klare Entscheidungen treffen und mit präzisen Handgriffen arbeiten.
Solche Selektionsmaßnahmen sind aber nicht nur bei Ihren Schnupper-Aktivitäten im Crowdfunding-Sektor ein Muss. Auch bei klassischen Geldanlagen, den „lebenden Fossilien“ in Ihrem Geld-Zoo, können Mutationen immer wieder Druck zur erneuten (Aus-)Wahl erzeugen. Schauen Sie sich Anlagemarktplätze wie WeltSparen und Zinspilot an. Hier haben Sie es nicht nur mit der offensichtlichsten Form von Selektion zu tun: In welche der über 20 verschiedenen Territorien mit ihren Unterschieden schicken Sie Ihre Euros, Dollars, Yens, Franken, Kronen? Wo finden Ihre Schützlinge einen vergleichsweise stabilen Lebensraum (ergo: stabile und gut gefüllte Einlagensicherungsfonds)? Wo müssen diese sich einer eher raueren Umgebung stellen (z. B. Gefahr von Banken-Runs aufgrund von Wirtschaftsproblemen), um ausreichend Nachwuchs (nämlich Zinsen) für Ihre Bedürfnisse zu bekommen? Diese Auswahl müssen Sie selbst treffen. Ja wirklich, SIE als mündiger Staatsbürger und nicht als Biomasse mit Internetanschluss.
Das tun Sie allerdings nicht nur einmal zu Beginn Ihres Anlageprozesses, sondern permanent, sobald sich die Lebensbedingungen einzelner Ableger Ihrer monetären Population erneut ändern. Als die britische Close Brothers vor einem Jahr bei Zinspilot gelistet wurde, haben Sie dort Geld angelegt? Weil die Bedingungen wie Zinssatz, EU-Zugehörigkeit, Einlagensicherung und finanzielle Situation der Bank stimmten? Gut für Sie! Im Juni 2016 wurde im Rahmen eines Referendums der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union beschlossen – der Brexit wird kommen. Sollten Sie Ihr Engagement bei den Close Brothers also wieder zurückfahren? Keine Ahnung, das ist Ihre Selektionsentscheidung. Ende Januar diesen Jahres erhöhte die britische Sicherungseinrichtung die Obergrenze für den gesetzlichen Entschädigungsanspruch um 10.000 GBP. Ist das eine neue Mutation, auf die Sie mit der Wahl der Close Brothers als neue Jagdgründe für einen weiteren Teil Ihrer Finanz-Herde reagieren sollten? Ich kenne Ihr gesamtes Portfolio und Ihre Lebenssituation nicht, das müssen Sie also selbst überlegen. Das Ziel Ihrer Selektionseingriffe muss jedenfalls die Reproduktion sein.
Am Ende sollte Ihr Selektionsprozess dazu führen, dass die Mehrheit Ihrer unterschiedlichen pekuniären Schützlinge auch weiterhin überlebt, sich vermehrt und so zum Wachstum Ihrer gesamten Population beiträgt. Dass hier und da ein Teil der Herde eingegangen ist oder durch kapitalistische Raubtiere dezimiert wurde, sollten Sie dann mit einem lässigen „Oh well, nature is sometimes a bitch“ abhaken können. Hauptsache Ihr Finanz-Rudel wächst insgesamt und liefert eine stabile Ausgangsbasis für weiteres Wachstum. So nutzen Sie den Zinseszins des Finanz-Darwinismus. Wenn Sie das schaffen, steigt auch Ihre Überlebenschance im Kampf gegen Wallstreet-Wölfe und Geier(fonds). Und wenn Sie das auch langfristig durchhalten, indem Sie jede kommende Mutation hinsichtlich der Chancen und Gefahren betrachten und darauf basierend bei Notwendigkeit sinnvolle Selektionen vornehmen, sind Sie der wahre König Ihres persönlichen Finanzdschungels...
Es ist vollbracht! Sie sind eingeweiht in die Lehren und Prinzipien der finanziellen Evolutionstheorie. Denken Sie darüber nach und machen Sie sich diese zu eigen. Aber seien Sie sich bewusst: Auch diese ist kein absoluter Garant für Erfolg. Sie können noch so gut sein, aber wenn plötzlich außerplanmäßig ein Meteor einschlägt, müssen wir alle erstmal um unser Überleben kämpfen — egal auf welche Überlebensstrategie Sie gesetzt haben. Was Sie jedoch erreichen, ist die Chance, auch nach einer solchen finanziellen Urkatastrophe erneut anzufangen. Weil irgendein kleiner Teil Ihrer klugerweise weit verstreuten Finanz-Horde vielleicht überlebt hat und wieder langsam wachsen kann.
Denken Sie immer daran: Sie sind das Ergebnis von 3,6 Mrd. Jahren erfolgreicher Evolution. Verhalten Sie sich auch so!
Ihr Finanzjoker
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