28.09.2016 - Anne-Katrin Maier (Crowdfunding-Anleger.de) - 0 Kommentare
Im folgenden fiktiven Dialog unterhalten sich Anne Maier von www.crowdfunding-anleger.de und unser fiktiver Anleger „Peter Sparfuchs“ zum Thema Crowdfunding. Herr Sparfuchs ist ein äußerst kritischer und konservativer Anleger aus dem Schwabenland, den die Neugier und die hohen Renditen zum Crowdfunding ziehen. Im Rahmen des Gesprächs unterhalten sich die beiden über die verschiedenen Aspekte dieser noch neuen Anlageklasse. Ist Herr Sparfuchs nach dem Gespräch bereit, sein eigenes Geld in Crowdfunding-Projekte zu investieren?
Anne Maier: Unter Crowdfunding fallen Finanzierungsmodelle, bei denen eine Gruppe von Menschen aus der Allgemeinheit (Crowd) ein Projekt finanziert (Funding). Für Anleger kommen dabei derzeit zwei Modelle in Frage. Da ist zunächst mal das equity-based Crowdfunding, in Deutschland oft auch Crowdinvesting genannt. Hierbei stattet die Crowd Startups oder Projekte über Nachrangdarlehen mit Geld für den Start aus. Bei partiarischen Nachrangdarlehen wird die Crowd als Gegenleistung am künftigen Wachstum des Startups beteiligt, bei Nachrangdarlehen bekommt sie Zinsen.
Die andere Crowdinvestingform ist das sogenannte lending-based Crowdfunding, oft auch Crowdlending oder Peer-to-Peer Lending genannt. Hier verleiht die Crowd Geld an Personen, Firmen oder Projekte und bekommt im Gegenzug dafür Zinsen. Hier gibt es keinen Nachrang. Eine dritte Crowdfunding-Form gibt es noch in der Theorie, aber Anbieter zu diesem royalty-based Crowdfunding gibt es noch nicht am Markt.
Anne Maier: Dagegen spricht nichts, solange Sie damit zufrieden sind. Und wenn Herr Zinsknauser Sie gut berät, ist das eine wertvolle Beziehung. Schließlich gibt es viele Anlagemöglichkeiten und wenn Herr Zinsknauser Ihnen einen breiten Überblick darüber verschaffen kann, dann bleiben Sie ihm doch einfach treu. Aber beim Crowdfunding lassen sich derzeit einfach auch mal ganz gute Chancen realisieren, die attraktive Renditen einbringen können.
Anne Maier: Und da sprechen Sie gleich eine ganz wichtige Sache an: Wenn Sie nicht glauben, dass die Gründer und das Team es schaffen werden, das Startup zu einem großen, erfolgreichen Unternehmen zu machen, investieren Sie am besten NICHT. Auch wenn Sie Zweifel am angegebenen Wert des jungen Unternehmens haben, sollten Sie nicht investieren. Auch nicht, wenn Sie nicht glauben, dass die Idee groß rauskommen wird. Beim equity-based Crowdfunding, speziell mit partiarischen Nachrangdarlehen, schwingen viele Risiken mit, die schnell zum Totalausfall der Investition führen können und einige davon gehen direkt von den Gründern aus. Zweifel an ihnen sind also immer ein schlechtes Zeichen.
Weitere Risiken gehen vom Markt oder der Technologie aus und sind häufig schwer vorherzusagen. Wenn Sie investieren, tun sie letztlich kaum etwas anderes als ein professioneller Investor: Sie bewerten, ob das Startup mit seinem Team und in seinem Marktumfeld die gesteckten Ziele erreichen kann, ob die Unternehmensbewertung stimmt und ob das Investment sich vervielfachen kann. Bedenken Sie: Die Fausformel sagt, dass nur eins von zehn Startups wirklich erfolgreich wird. Zwei bis drei hangeln sich mit Hängen und Würgen durch und der Rest floppt. Sie müssen also das “Goldnugget” unter den Startups finden und das geht nur über viele Versuche, viel Erfahrung und letztendlich auch über Glück.
Anne Maier: Sie könnten zum Beispiel in die Crowdlending-Angebote der Kreditmarktplätze gucken. Hier verleihen Sie Geld gegen Zinsen an Privatpersonen oder Unternehmen. Zudem besteht die Möglichkeit der Besicherung der Kredite durch den Schuldner, und die Forderung gegen den Schuldner ist nicht nachrangig. Ein wenig schwierig ist die Einschätzung, ob die Privatperson oder das Unternehmen künftig die Raten des Kredits bedienen kann. Die Bonitätseinschätzung der Plattform gibt da zwar einen Anhaltspunkt, aber niemals eine Garantie.
Im equity-based Crowdfunding, also im Crowdinvesting, könnten Sie statt auf Startups mit partiarischen Nachrangdarlehen auch auf Immobilien- oder Umweltprojekte mit Nachrangdarlehen setzen. Hier sind die Laufzeiten in der Regel kürzer und es gibt regelmäßig eine feste Verzinsung Ihres Einsatzes. Allerdings bedeutet der Nachrang, dass Sie im Falle der Insolvenz nach allen anderen Gläubigern in den dann wohl leeren Reste-Topf greifen. Zudem ist Ihre Investition nie durch die gesetzliche Einlagensicherung abgedeckt und meistens werden hier auch keine Sicherheiten hinterlegt.
Anne Maier: Ihr Haus gehört noch zu 20 % der Bank? Sollten Sie dann nicht lieber erstmal Schulden tilgen, bevor Sie auf Zinsjagd gehen? Investitionen in Crowdfunding sind grundsätzlich immer mit einem Risiko behaftet, da wäre ich vorsichtig. Mal ist es größer, zum Beispiel bei partiarischen Nachrangdarlehen, mal niedriger, wie zum Beispiel bei besicherten Lending-Angeboten. Wer stark auf’s Risiko schaut und komplett sicher investieren möchte, sollte Crowdfunding nicht als Geldanlage wählen. Wer aber schon ein wenig risikofreudiger ist und vergleichsweise gute Renditen sucht, der könnte sich dort durchaus mal im Crowdlending oder auch Immobilien-Crowdinvesting umgucken. Und wer ein sehr hohes Risiko verkraften kann, sich dafür aber die Chance sichern will, vielleicht am nächsten Xing oder SAP beteiligt zu sein, der könnte sich im Startup-Crowdinvesting umsehen. Wer für sich ein klares Risiko/Rendite Profil definieren kann, kann die Chancen und Risiken des Crowdfunding besser einschätzen.
Anne Maier: Guter Punkt. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass ein Immobilienentwickler pleite geht oder eine Immobilienblase platzt. Deshalb gilt im anlageorientierten Crowdfunding das Gebot des breit gefächerten Gesamtportfolios auch umso mehr. Setzen Sie niemals alles auf eine Karte und verteilen Sie Ihren festgelegten Einsatz auf so viele gut gewählte Projekte wie möglich. Dann tut es nicht so weh, wenn das ein oder andere Projekt ausfällt. Und noch eine Sache ist wichtig, gerade bei den hoch risikobehafteten Investitionen: Investieren Sie nur das Geld, dessen Verlust Sie würdevoll ertragen könnten.
Anne Maier: Im Crowdlending könnten Sie im Bereich Privatkredite mal bei auxmoney, Lendico oder Crosslend nachsehen, für Firmenkredite bei Fundingcircle oder KapilendoCredit. Falls Sie es mit Nachrangkrediten versuchen möchten, könnten Sie KapilendoVenture, Unternehmerich oder Conda ansurfen. In der Startupfinanzierung schauen Sie am besten mal bei den Platzhirschen Seedmatch und Companisto nach. Umweltprojekte mit Nachrangdarlehen oder partiarischer Beteiligung finden Sie bei bettervest, Econeers oder greenrocket. Immobilienprojekte mit Nachrangdarlehen finden Sie auf Bergfürst, Exporo, Zinsland, Immofunding, homerocket oder Zinsbaustein. Aber damit Sie sich jetzt nicht alles merken müssen: Aktuelle Angebote finden Sie immer auf meinem Blog unter http://www.crowdfunding-anleger.de/aktuelle-projekte.
Anne Maier: Zinsland leiht sich das Geld ja nicht - es ist der Projektentwickler der Immobilie und der hat sich schon Geld bei der Bank geliehen. Bei jedem Immobilienprojekt der Crowdfunding-Plattformen ist eine Bank an der Finanzierung beteiligt. Sie beleiht Immobilienprojekte aber niemals zu 100%. Es entsteht also eine Finanzierungslücke, die der Projektentwickler decken müsste. Solvente Projektentwickler könnten die Lücke sicherlich komplett aus eigenen Mitteln schließen, tun sie aber nicht. Sie behalten nämlich sehr gern Geld in der Hinterhand, um jederzeit bei ganz besonders lukrativen Geschäften zuschlagen zu können. Also beteiligen sie sich möglichst niedrig und nutzen Plattformen wie Zinsbaustein, um die Crowd zur Schließung der Lücke heranzuziehen und sich selbst möglichst gering zu beteiligen.
Anne Maier: Das kommt natürlich immer drauf an, wie Sie investieren und wie viele Projekte dann tatsächlich ausfallen. Denn dass Projekte ausfallen, damit müssen Sie von vornherein rechnen. Und ob Sie zum Beispiel beim Crowdinvesting in Startups den Goldnugget finden, weiß auch niemand. Zudem müssen Sie einkalkulieren, dass Sie Ihre Gewinne versteuern müssen, die Verluste aber nicht von der Steuer absetzen können. Auch die Gebühren einiger Plattformen mindern Ihre Rendite, lesen Sie also immer die Verträge und informieren Sie sich über die Kosten. Wenn Sie Pech haben, können all diese Faktoren Ihr Portfolio immer noch ins Minus ziehen.
Anne Maier: Na und? Ist 73 alt? Finde ich nicht unbedingt ... Aber mit dem Thema Lust haben Sie natürlich recht. Man muss schon ein wenig Spaß daran haben, sich damit zu beschäftigen. Aber das ist bei Aktien ja auch nicht anders, oder? Außerdem ist es so viel Aufwand nun auch wieder nicht. Ein Beispiel: Wenn Sie sich einmal ernsthaft mit dem Thema Aktien beschäftigt und Ihre Strategie festgelegt haben, haben Sie kaum noch Aufwand. Ähnlich ist es mit dem Thema Crowdfunding. Sie legen Ihre Strategie und Ihre Kriterien fest, und dann verfolgen Sie Ihr Ziel relativ unaufgeregt, weil Sie immer nach gleichem Schema prüfen und bewerten. Mittlerweile gibt es bei einigen Plattformen sogar schon automatisierte Re-Investitionen, da könnten Sie sich dann ganz bequem zurücklehnen und nur hin und wieder nachjustieren.
Zudem kann Crowdfunding auch Vorteile bringen, die andere Anlageformen nicht mit sich bringen, Sinn zum Beispiel. Wenn Sie die Welt ein Stückchen besser machen, weil Sie in ein umweltrelevantes Technologieprojekt investieren, freuen Sie sich nicht nur über die Rendite sondern über jeden positiven Presseartikel, den Sie dazu finden. Sie könnten also versuchen, mehr Rendite als beim Festgeld Ihrer Bank zu machen und könnten gleichzeitig sicher sein, dass Ihr Geld zum Guten verwendet wird. Diesen Sinn finden Sie bei den klassischen Anlageformen leider nicht immer. Ein weiterer Faktor ist Spaß - es ist einfach interessant zu sehen, welche Ideen durch die Startupwelt schwirren. Das ist ein unglaublich vielseitiges Feld, an dem Sie sich auch noch beteiligen können. Auch da freuen Sie sich dann über jeden positiven Artikel. Und wenn Sie den Spaß erst einmal entdeckt haben, ist es auch nicht mehr schwer, sich ins Thema einzuarbeiten. Außerdem gebe ich Ihnen auf Crowdfunding-Anleger.de ja auch die Einführung und den Überblick über aktuelle Entwicklungen.
Anne Maier: Ich habe eine Mischung aus Immobilienprojekten und Nachrangdarlehen wachstumsorientierter Firmen im Portfolio. Außerdem liebäugle ich immer wieder mit Privatkrediten, speziell mit Privatkreditportfolios und mit Forderungskäufen. Bei Startups habe ich bisher noch nicht so zugegriffen, weil ich die Bewertungen selten gerechtfertigt fand und mir persönlich die Risiken zu hoch sind. Andere respektable Blogger sehen das aber durchaus anders. Was ich aber sehr häufig zusätzlich nutze, ist das reward-basierte Crowdfunding. Da sind mir die Zinsen nicht so wichtig, sondern der Sinn meiner Geldausgabe. Als Gegenleistung bekomme ich dann statt Rendite zum Beispiel Zugang zum Produkt oder besonderen Dank und das gute Gefühl, zum Fortschritt der Gesellschaft beizutragen - auch ein Nutzen.
Anne Maier: Also kritisch und reflektiert sollten Sie rangehen - natürlich auch in Bezug auf andere Chancen. Ernsthaft: Entwickeln Sie ein Bewusstsein für das dahinterliegende Risiko der einzelnen Anlageformen, das geht letztendlich nur über die Auseinandersetzung mit dem Thema, zum Beispiel auf Finanzblogs, Foren oder den Plattformen selbst. Kalkulieren Sie den Ausfall einiger Investments von vornherein ein. Überlegen Sie, wie viel Prozent Ihres Gesamtportfolios Sie in Crowdfunding überhaupt, wie viel in Crowdinvesting und wie viel Sie in Crowdlending investieren möchten. Crowdfunding sollte meiner Meinung nach immer nur ein Teil der Geldanlage sein.
Dann überlegen Sie, wie viel Risiko mit wie viel Rendite vergütet werden muss, damit Sie investieren. Legen Sie ein Schema fest, mit dem Sie das bewerten. Dann folgen Sie diesem Schema und bauen sich nach und nach mit vorher definierten Beträgen Ihr Portfolio auf, zum Beispiel in Schritten von 250 € oder 500 €, es geht aber auch kleinteiliger, wenn Sie mögen. Schauen Sie auch immer auf die Laufzeiten der Investitionen und die Auszahlungszeitpunkte. Überprüfen Sie immer mal wieder Ihre Strategie. Führen Sie Buch über Kosten, Gewinne und Verluste und vergessen Sie nicht, Ihre Gewinne zu versteuern. Und ganz wichtig: Investieren Sie immer nur das, was Sie wirklich bequem investieren können, Ihre Rente sollten sie trotz Ausfallrisiko immer noch genießen können.
Anne Maier: Aber gern.
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