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Eignen sich Bitcoins als Geldanlage?

02.07.2017 - Stefan Erlich - 3 Kommentare

Sind Bitcoins gute Geldanlagen?

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Wer in den letzten Wochen die Finanzmedien ein wenig beobachtet hat, dem wird ein Thema besonders häufig begegnet sein: Bitcoins. Die digitale Kryptowährung vom mysteriösen Erfinder Satoshi Nakamoto hat einen Höhenflug hinter sich, der Aktienanleger erblassen lässt. Innerhalb weniger Monate ist der Preis für einen Bitcoin von etwas unter 1.000 € Anfang 2017 auf über 2.500 € geschossen (siehe Grafik). Die Performance in Prozent spare ich mir an dieser Stelle, denn allein die absoluten Zahlen sind schon beeindruckend. Das interessante für mich ist dabei jedoch weniger die erstaunliche Rendite, sondern dass wohl nur die wenigsten wissen, wie Bitcoins eigentlich funktionieren und wie sie einzuschätzen sind. Die einen halten sie für eine Alternative zu physischem Gold. Andere wiederum sehen in Bitcoins nur eine weitere Spekulationsblase.

Entwicklung des Bitcoin-Preises seit Ende 2011

Bitcoins unterscheiden sich zunächst einmal nicht sonderlich von den Euros, die Ihre Bank Ihnen im Onlinebanking anzeigt. Sie existieren rein digital als Bits und Bytes in einer Datenbank. Ihnen steht kein realer physischer Wert gegenüber. Die Bank gibt Ihnen das Versprechen, dass Sie die bei ihr gelagerten Euro-Bits und -Bytes jederzeit in Bargeld tauschen können. Dieses Versprechen ist jedoch de facto extrem limitiert, denn keine Bank der Welt könnte das gesamte bei ihr liegende Guthaben in Bargeld auszahlen, auch wenn wir in dem schönen Glauben leben, dies sei möglich. Bitcoin macht dieses Versprechen gar nicht erst, sondern ist von vornherein darauf ausgelegt, rein digital zu existieren. Dazu kommt ein ganz entscheidender Unterschied zu klassischen Währungen wie dem Euro: Bitcoins werden nicht zentral ausgegeben und kontrolliert.

Während die Europäische Zentralbank als oberster Hüter der Euro-Währung in einem gewissen Rahmen sowohl Geld drucken als auch Geld vernichten kann, gibt es eine solche zentrale Institution bei Bitcoins nicht. Keine einzelne Person oder Institution hat die Macht über Bitcoins, was eines der fundamentalen Probleme aller Währungen ohne physischen Gegenwert lösen soll: der Anreiz zur zügellosen Geldvermehrung. Die Betonung auf “lösen soll” ist bewusst gewählt, da sich Wirtschaftswissenschaftler uneinig darüber sind, ob das Fehlen einer solchen zentralen Machtinstanz überhaupt sinnvoll ist. Diese Frage ist jedoch komplex und es gibt bisher praktisch keinen Konsens dazu, weshalb ich im Rahmen dieses Artikels nicht näher darauf eingehen möchte. Doch wie funktionieren Bitcoins, wenn es niemanden gibt, der sie zentral ausgibt und verwaltet?

Von langen Ketten, Grafikkarten und Schürfern

Bitcoins basieren auf einer Reihe von kryptografischen Prinzipien und Algorithmen, deren Funktionsweise Sie sich besser von einem fähigen Mathematiker erklären lassen. Das Grundprinzip ist jedoch, dass Bitcoin-Einheiten und alle zugehörigen Transaktionen (Überweisungen) öffentlich aneinander gereiht in einer langen Textkette gespeichert werden, der sogenannten Blockchain. Diese Kette ist letztlich nichts anderes als eine Art öffentliche Datenbank, die sich jeder frei im Internet herunterladen kann. Aktuell hat sie eine Größe von 122 GB und umfasst alle bisher im Umlauf befindlichen Bitcoins und getätigten Überweisungen. Theoretisch könnten Sie so sehen, was Ihr Nachbar alles mit Bitcoins gekauft hat, allerdings nur theoretisch, denn anders als klassische Bankkonten haben Bitcoin-Konten (Wallets) keine eindeutig mit dem Kontoinhaber verbundene Bezeichnung.

Das Ganze ist also pseudo-anonym, denn ohne die Adresse der Wallet Ihres Nachbarn werden Sie ihn nicht bespitzeln können. Das Bitcoin-System ist sogar so ausgelegt, dass Sie theoretisch für jede Überweisung eine neue Wallet-Adresse (“Kontonummer”) nutzen können. Das erschwert die Nachverfolgbarkeit deutlich und gewährt trotz öffentlich zugänglicher Daten ein erstaunlich hohes Maß an Privatsphäre. Nicht ohne Grund wurden und werden Bitcoins gern für kriminelle Machenschaften verwendet. Das soll allerdings nicht abschrecken, denn auch Bargeld wird im großen Stil dafür verwendet und tatsächlich zeigt die Nutzung in kriminellen Dunstkreisen eher, wie gut das System in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre funktioniert. Doch wie entstehen eigentlich Bitcoins und wer kontrolliert, wie viel von ihnen im Markt zirkuliert?

Wie eingangs erwähnt, werden Bitcoins nicht von einer zentralen Instanz ausgegeben. Vielmehr kann theoretisch jeder, der im Besitz eines Computers ist, selbst Bitcoins erzeugen. Es muss nur ein komplexes mathematisches Problem gelöst und mit der oben genannten Blockchain abgeglichen werden, wobei das mathematische Problem mit zunehmender Anzahl an Bitcoins automatisch immer schwieriger wird. Dieser als “Schürfen” bezeichnete Prozess klingt zunächst trivial, ist jedoch hinsichtlich der notwendigen Rechenkapazität extrem aufwändig und verbraucht sehr viel elektrische Energie. Entsprechend werden Bitcoins mittlerweile nur noch von hochspezialisierten “Schürfern” berechnet, die die Prozessoren von Hochleistungsgrafikkarten mit guter Kühlung auf das mathematische Problem ansetzen. Reich werden damit die wenigsten.

Was macht Bitcoins so attraktiv?

Der Bitcoin-Algorithmus bzw. das im Rahmen des Schürfens zu lösende mathematische Problem ist so geschickt konzipiert, dass die maximal mögliche Menge an Bitcoins im Umlauf von vornherein begrenzt ist. Man schätzt, dass diese maximale Menge im Jahr 2140 erreicht sein wird. Danach werden wahrscheinlich keine neuen Bitcoins mehr auf den Markt gelangen. Das System ist so ausgelegt, dass keine Zentralbank, kein Finanzminister und kein noch so ausgefuchster Diktator die Möglichkeit hat, sich seiner finanziellen Probleme durch das Drucken von Geld und das Generieren von Inflation zu entledigen. In Zeiten von Niedrig- bzw. Negativzinsen und dem ungezügelten Ankauf von Wertpapieren durch die EZB eine charmante Vorstellung, vor allem für Menschen aus Ländern, die die desaströsen Folgen hoher Inflationsraten einmal hautnah erlebt haben.

Wenn es keine zentrale Instanz gibt, die über das Geld herrscht, kann es auch niemanden geben, der willkürlich Konten sperrt, die finanziellen Ströme Andersdenkender blockiert oder einfach Geld druckt, weil sich harte Einschnitte politisch nicht durchsetzen lassen oder der unbegrenzt geöffnete Geldhahn zu verlockend ist. Für die einen ist Bitcoin so etwas wie das Äquivalent zu einer durch physisches Gold gedeckten Währung, für andere die demokratische Version der klassischen Papierwährung, mit eingebautem Inflationsblocker. Die Unabhängigkeit von und der Schutz vor staatlicher Willkür ist sicherlich das größte und gewichtigste Argument für Bitcoin, das auch Anleger interessieren sollte, denn der Zugriff des Staates ist bei praktisch allen Geldanlagen entweder direkt durch Steuern und sogar Enteignung oder indirekt durch Inflation ein großes Problem.

Bitcoin ist Innovation und Problemfall zugleich

So charmant das Konzept einer unabhängigen digitalen Währung auch wirken mag, so problematisch ist es in Form von Bitcoins derzeit noch in der Praxis. Da ist zum einen die Frage der Aufbewahrung des “Schlüssels” zu Ihrer Wallet, dem Bitcoin-Portemonnaie. Bitcoins selbst befinden sich, anders als Münzen und Banknoten, nie physisch in Ihrem Besitz, sondern sind in der bereits erwähnten Blockchain öffentlich einsehbar. Erst mit dem geheimen Schlüssel lassen sie sich ausgeben. Geht der Schlüssel verloren, sind auch Ihre Bitcoins verloren. Sollte man seinen Wallet-Schlüssel daher auf dem Smartphone, dem Laptop, dem iPad oder doch besser bei einem professionellen Wallet-Anbieter aufbewahren? Ihr Smartphone kann verloren gehen, Wallet-Anbieter werden regelmäßig gehackt und Ihr Laptop versagt spontan auch mal den Dienst.

Die Frage nach der Schlüsselaufbewahrung ist aber nicht die einzige schwierige im Kontext von Bitcoin. Viel elementarer ist die Frage nach der Nutzung von Bitcoins: Was stelle ich eigentlich mit meinen Bitcoins an? Bitcoin-Befürworter holen bei dieser Frage gern eine lange Liste mit Akzeptanzstellen hervor, doch ein genauer Blick zeigt, dass sich außer ein paar IT-Dienstleistungen und Nischenprodukten kaum etwas vom täglichen Bedarf mit Bitcoins bezahlen lässt, vor allem nicht in Deutschland. Am nächsten kommt man der Mainstream-Nutzung noch durch den Tausch von Bitcoins in Amazon-Gutscheine via BitPanda. Dann stellt sich allerdings die Frage, welchen Sinn eine Währung macht, wenn man sie vor dem Kauf eines Produktes erst in Gutscheine einer klassischen Währung umtauschen muss.

Entwicklung des Preises von Ether bzw. Ethereum seit Juli 2015

Ein weiteres Problem von Bitcoin sind die notorisch langen Wartezeiten für die Bestätigung von Transaktionen (oftmals 10 Minuten und mehr), die im Zusammenhang mit ungeklärten Fragen in Bezug auf die Transaktionsbestätigung stehen. Auch gibt es noch immer offene Fragen hinsichtlich der Manipulierbarkeit und Kontrolle des Bitcoin-Zahlungsmarktes, die wohl nicht so schnell geklärt werden können. Es überrascht daher nicht, dass sich neben Bitcoin auch eine ganze Reihe von alternativen digitalen Währungen etabliert hat. Der prominenteste Vertreter ist sicherlich Ether, bzw. Ethereum wie die Währung häufig mit Referenz auf das Ethereum-Applikationssystem genannt wird. Der Preis eines Ethers hat sich innerhalb eines halben Jahres verfünzigfacht (!), von etwa 8 USD im Januar auf fast 400 USD im Juni 2017 (siehe Grafik).

Geld anlegen in Bitcoins? E(h)rlich jetzt?

Nach all den Problemen und offenen Fragen erwarten Sie von mir wahrscheinlich ein klares “Nein” zur Geldanlage in Bitcoins. Und tatsächlich würde ich behaupten, dass Bitcoins für den Großteil der Anleger keine Option sind. Das liegt vor allem in der Unsicherheit im Hinblick auf die zukünftige Nachfrage nach Bitcoins begründet. Die (sicherheits-)technischen Hürden sind für Otto Normalverbraucher zu hoch und die Akzeptanz von Bitcoins im Handel noch immer viel zu dünn. Eine Währung steht und fällt mit ihrer Nutzung für den Tausch von Waren und Dienstleistungen. Bitcoins scheinen derzeit aber vor allem als eine Art Wertaufbewahrungsmittel und Spekulationsobjekt genutzt zu werden und weniger, um damit Zahlungen abzuwickeln. Selbst wenn eine digitale Währung tatsächlich einmal breiten praktischen Nutzen haben sollte, ist unklar, ob Bitcoins diese Rolle übernehmen werden.

Bitcoins und digitale Kryptowährungen allgemein weisen allerdings interessante Eigenschaften auf, die durchaus einen Platz im Anlageportfolio rechtfertigen, ähnlich zu physischem Gold. Dazu zählt die Unabhängigkeit vom Staat und den Zentralbanken, die von vornherein beschränkte Geldmenge und die hohe Liquidität im Markt. Weder Bitcoins noch Gold erwirtschaften von sich aus eine eigene Rendite. Der Anlageerfolg ergibt sich rein aus der Preissteigerung, anders als z. B. bei Aktien und Dividenden. Das kann wie bei Ethereum zu einer Verfünfzigfachung führen oder auch zum Totalverlust - niemand weiß es! Es ist und bleibt Spekulation mit sehr hohem Risiko, aber praktisch unbegrenztem Renditepotential - nichts für konservative Anleger, die Altersvorsorge und auch keine Alternative zum Gold. Dennoch interessant, vor allem für Anleger mit etwas Spielgeld.

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am 26.11.2020 - 09:46 Uhr Link

Lieber Herr Erlich, was halten Sie von der Idee, statt direkt in Bitcoins in einen Bitcoin ETF wie den HANetf BTCetc Bitcoin Exchange Traded Crypto zu investieren? Vielen Dank!

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Redaktion  am 30.11.2020 - 10:39 Uhr Link

Nichts :-) Da halte ich es wie beim Gold: Entweder das richtige echte Ding in der Hand halten oder gar nix. Es geht uns Anlegern ja sowohl bei Bitcoin als auch bei Gold nicht primär um die Wertsteigerung, sondern um die speziellen Eigenschaften dieser Anlageklassen und die bekommt man nicht in der Verpackung eines ETF. Wenn es rein um die Wertsteigerung ginge, dann sähe die Sache anders aus.

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am 22.07.2020 - 18:18 Uhr Link

Interessant

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