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Crowdinvesting und der richtige Umgang mit Insolvenzen

15.05.2017 - Stefan Erlich - 0 Kommentare

Crowdfunding & Insolvenzen - Wie damit umgehen?

Dieser Kommentar erschien als Teil unseres monatlichen Crowdfunding-Newsletters, den wir unseren Abonnenten jeweils zum 15. jeden Monats kostenlos per E-Mail zur Verfügung stellen. Darin diskutieren wir aktuelle Themen aus dem Bereich Crowdinvesting, informieren über aktuelle Bonus-Aktionen und Marktentwicklungen und listen alle aktuellen Projekte und die zugehörigen Zinssätze. Eine Anmeldung dazu ist über unseren regulären Newsletter. möglich. Am Tag nach der Anmeldung erhalten Sie eine E-Mail mit dem Aktivierungslink für den Crowdfunding-Newsletter.

In unseren Risikohinweisen und Artikeln zum Thema Crowdfunding finden Sie immer wieder den Verweis auf das Totalverlustrisiko und die in Zukunft kommenden Projektausfälle. Aktuell wiegen sich viele Crowdfunding-Investoren noch in Sicherheit, weil sie glauben, Immobilienprojekte wären eine sichere Sache. Dabei sind es aus unserer Sicht gerade diese Projekte, die im Rahmen der nächsten Immobilienkrise unter Ausfällen leiden werden. Doch das ist nicht zwangsläufig schlimm, wie wir in unserem Artikel Crowdfunding bringt Verluste! Na und? erläutert haben. Wichtig ist, dass Sie sich des hohen Risikos dieser Anlageklasse bewusst sind und in diesem Wissen ein breit gestreutes Portfolio aufbauen, um den Einfluss von Projektausfällen von vornherein zu begrenzen. Soweit erzähle ich Ihnen aber hoffentlich nichts Neues.

Aktuell haben wir die Möglichkeit, zwei Projektinsolvenzen live mitzuerleben und hautnah zu erfahren, wie so etwas in der Praxis abläuft. So musste im ersten Fall die Firma Solterra Energy GmbH, die über die Plattform bettervest Ende 2014 knapp 90.000 € Kapital aufgenommen hatte, kürzlich Insolvenz anmelden. Beim zweiten Fall handelt es sich um die DENO Deutsche Energieoptimierung Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, eine Consulting-Firma aus dem Bereich Energieeffizienz, die im August 2015 erfolgreich fast 1 Mio. € über Econeers einsammeln konnte. Schaut man heute auf die Projektbeschreibungen zurück (siehe Solterra und DENO), so kann man kaum glauben, dass diese Vorzeigefirmen so schnell insolvent gegangen sind. Doch fangen wir ganz am Anfang an: bei den Nachrangdarlehen.

Nachrangdarlehen: Die Wurzel allen Übels?

Um das Risiko von Crowdfunding-Projekten einschätzen zu können, ist ein Grundverständnis der Finanzierungsform essentiell. Die allermeisten Projekte bzw. Firmen werden beim Crowdfunding über Nachrangdarlehen finanziert. Die einzige uns bekannte Ausnahme im deutschen Markt stellt derzeit greenXmoney dar, die sogenannte Forderungskaufverträge nutzt. Wird z. B. ein Immobilienprojekt finanziert, so erhält die eigens für das Projekt gegründete Gesellschaft (oder in manchen Fällen auch direkt der Projektentwickler) von Ihnen, dem Anleger, ein Darlehen. Dieses Darlehen ist allerdings mit keinerlei Sicherheiten hinterlegt und berechtigt auch nicht zur Mitsprache im Unternehmen. Anders als die Bank, die z. B. die (noch zu bauende) Immobilie als Sicherheit gestellt bekommt, haben wir Anleger außer einem Rückzahlungsversprechen nicht viel in der Hand.

Dazu kommt, dass der Darlehensnehmer die Rückzahlung von nachrangigen Krediten hinauszögern kann, wenn die Zins- und/oder Tilgungszahlung die Insolvenz der Gesellschaft bedeuten würde. In einigen uns bekannten Fällen wurde von diesem Recht bereits Gebrauch gemacht, insofern ist dies keine rein theoretische Möglichkeit. Sollte es dann tatsächlich einmal zur Insolvenz des Darlehensnehmers kommen, z. B. weil sich die gebauten Wohnungen nicht verkaufen ließen, dann haben wir Anleger als nachrangige Kreditgeber erneut schlechte Karten, denn im Rahmen des Insolvenzverfahrens sind wir die allerletzten, die aus dem verbleibenden Vermögen der Gesellschaft entschädigt werden. Wird Insolvenz angemeldet, bedeutet dies daher mit hoher Wahrscheinlichkeit den Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Unabhängig davon, wie gut oder schlecht eine Firma nun wirtschaftet oder wie gut oder schlecht die Lage einer Immobilie ist: Das Risiko von nachrangigen Darlehen ist aufgrund der genannten Charakteristika per se deutlich höher als bei anderen Krediten oder Anlageformen. Das klingt nun alles eher unattraktiv, doch das höhere Risiko wird auch mit deutlich höheren Zinsen belohnt. Während die Bank aktuell etwa 1,5-3 % für ihr besichertes Darlehen erhält, sind es im Bereich Crowdinvesting für ein nachrangiges Darlehen zwischen 5 % und 8 %. Ob das angemessen ist, kann heute noch niemand sagen, denn wir kennen die zukünftige Projektausfallrate nicht. Was wir jedoch sagen können ist, dass Sie als Anleger es im Vergleich zur Bank aufgrund der Anlageform an sich auf jeden Fall mit deutlich mehr Ausfällen zu tun bekommen werden.

Ein Fall für den Insolvenzverwalter

Nun kann man hin- und her argumentieren, ob es besser ist (wie die Bank) weniger Zinsen zu erhalten und dafür mehr Sicherheiten zu haben oder höhere Renditen zu wählen und dafür mehr Risiko zu akzeptieren. Eine abschließende Antwort darauf werden Ihnen weder Anlageexperten noch wir geben können, weil sich leider noch keine Glaskugel zur Vorhersage der Zukunft als dauerhaft tauglich erwiesen hat. Anstatt sich zu fragen, was die Zukunft bringt, sollten Sie sich eher fragen, ob Sie die Projektausfälle mental und finanziell verkraften können und ob Sie bereit sind, den Verwaltungsaufwand für die Streuung auf sich zu nehmen (siehe 10 Lehren aus 12 Monaten Crowdfunding). Es ist keine Schande, an dieser Stelle mit “Nein” zu antworten und sich auf Tagesgeld- und Festgeld oder andere konservative Anlageformen zu konzentrieren. Für alle anderen stellt sich die Frage “Was tun, wenn es zum Ausfall kommt?”.

Ein Projektausfall kündigt sich häufig schon vorher an. Im Fall der Solterra Energy GmbH wurden die Zins- und Tilgungszahlungen unter Berufung auf das oben genannte Recht auf Verzögerung durch Insolvenzgefahr in die Zukunft verschoben. Geschäftsführer und Gesellschafter sind auch nur Menschen und für die wenigsten dürfte eine Insolvenz etwas angenehmes sein. Entsprechend lang kann so ein Prozess dauern, sofern sich noch andere Wege finden lassen. Das Insolvenzrecht macht jedoch klare Vorgaben hinsichtlich des Ziehens der Reißleine. Kann eine Firma ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen und/oder übersteigen die Verbindlichkeiten das Vermögen, so ist der Geschäftsführer zum Anmelden der Insolvenz beim Amtsgericht verpflichtet. Tut er dies nicht, macht er sich ggf. persönlich haftbar und sogar strafbar.

Von der Anmeldung der Insolvenz werden Sie als Anleger in der Regel erst relativ spät erfahren. Zum einen dürfte der Projekteigner in so einer Situation genug um die Ohren und wenig Lust auf die Auseinandersetzung mit hunderten von Kleinanlegern haben. Zum anderen erfahren auch die Crowdinvesting-Plattformen selbst häufig erst spät davon, zum Teil sogar nur durch die Veröffentlichung des Antrages auf den Seiten des Amtsgerichtes. Ist ein Insolvenzantrag gestellt, so wird zunächst einmal geprüft, ob dieser überhaupt berechtigt ist. Wenn ja, kommt es zur offiziellen Eröffnung des Verfahrens. Allein dieser Vorgang kann zwischen einigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten dauern. Bereits vor der offiziellen Eröffnung kann ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt werden, um das verbliebene Vermögen, soweit vorhanden, zu sichern.

Der final bestimmte Insolvenzverwalter ist dann Ihr Ansprechpartner für das Stellen möglicher Forderungen, im Fall von Crowdfunding also die Forderung auf Rückzahlung des Darlehensbetrages aus der Insolvenzmasse. Wichtig ist, dass Ihre Forderung gegenüber dem insolventen Unternehmen nicht automatisch berücksichtigt wird, sondern erst formal beim Insolvenzverwalter angemeldet werden muss. Hierfür meldet sich dieser theoretisch mit einem Schreiben bei Ihnen. Im Fall der Insolvenz von DENO wurden die Crowdfunding-Investoren allerdings gar nicht erst benachrichtigt, mit der Begründung, dass deren Forderungen nachrangiger Natur seien. Frei interpretiert heißt dies: Für die Anleger ist hier mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin nichts mehr zu holen.

Im Fall von Solterra Energy hat sich bettervest bereits mit dem Insolvenzverwalter ausgetauscht und eine Liste der ausstehenden Crowdfunding-Forderungen übermittelt. Auch hier heißt es allerdings: “Leider ist es unwahrscheinlich, dass nachrangige Forderungen befriedigt werden.” Immerhin bemüht sich bettervest, die Interessen der Crowdfunding-Investoren zu vertreten. Die Plattform Econeers scheint dies im Fall von DENO ebenso zu tun, allerdings können wir dies nicht genau nachprüfen, da wir hier nicht selbst investiert sind und auf Anleger-Hinweise angewiesen sind. Generell können die Crowdinvesting-Plattformen im Insolvenzverfahren unterstützend wirken. Verpflichtet sind sie dazu allerdings nicht, denn sie agieren nur als Vermittler. Sollte eine Crowdfunding-Plattform keine ausreichenden Informationen liefern, können Sie sich immer direkt an den Insolvenzverwalter wenden, um Forderungen geltend zu machen, auch wenn das bei hunderten von Anlegern für den Verwalter sicherlich aufwändig werden dürfte.

Fazit: Keine Angst vorm Insolvenzverfahren

Wer in Crowdfunding investiert, wird früher oder später als Gläubiger Teil eines Insolvenzverfahrens werden. Dies liegt am hohen Risiko der Projekte und der direkten Gewährung des Darlehens, denn anders als bei Tagesgeld und Festgeld geben Sie Ihr Geld nicht erst der Bank, sondern Sie investieren es direkt in Form eines Nachrangdarlehens. Dadurch entfällt die Bank in ihrer Rolle als Puffer, denn mit ihrer Risikostreuung kann sie Projektausfälle auffangen, so wie wir es für Ihr persönliches Crowdinvesting-Porftolio fordern. Ihre Zins-/Tilgungsansprüche gegenüber dem insolventen Unternehmen können Sie im Insolvenzverfahren zwar geltend machen, aufgrund der beschriebenen Nachrangigkeit besteht allerdings wenig Hoffnung auf eine Bedienung aus der Insolvenzmasse.

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