15.06.2016 - Stefan Erlich - 0 Kommentare
Einen Monat ist es nun her seit unserer ersten Investition in das Echtgeld-Crowdfunding-Portfolio von Kritische-Anleger.de. Wir investieren hier im Rahmen eines Crowdfunding-Tagebuches jeden Monat 1.000 €, um langfristig ein gegenüber Ausfällen robustes Portfolio aus 30 und mehr Projekten aufzubauen. Wir wollen damit im Selbstversuch mit unserem eigenen Geld erfahren, ob sich Crowdfunding als Ergänzung zum Festgeld wirklich eignet und ob die höheren Zinsen tatsächlich ausreichen, um mögliche Verluste bei einzelnen Projekten zu kompensieren.
1) Neue Plattformen: Derzeit schießen die Immobilien-Crowdfunding-Plattformen nur so aus dem Boden. So sind seit unserem letzten Eintrag allein bei uns drei neue Plattformen an den Start gegangen (Bergfürst, Immofunding, Zinsbaustein). Alle bieten Projekte aus dem Immobilienbereich und werben mit kurzen Laufzeiten und hohen Renditen. Ein wenig mulmig wird einem da schon, wenn man diesen Boom betrachtet, denn es dürften langfristig wohl kaum alle Plattformen überleben. Auch hier zeigt sich, dass Crowdfunding nichts für ängstliche Gemüter ist. Wer sich hier engagiert, muss bereit sein zu streuen und auch damit klar kommen, dass ggf. der ein oder andere Taler im Rahmen von Projektausfällen verloren geht (siehe Risikohinweise).
2) Zahlungsverzug: Bei dem von mir im Rahmen meines privaten Crowdfunding-Portfolios bereits in 2014 über bettervest finanzierten Projektes "Hotel Waldspitze" kommt es nun auch in diesem Jahr wieder zu einem Zahlungsverzug. Das Projekt ist nicht Teil unseres Echtgeld-Portfolios, allerdings zeigt es, dass Crowdfunding definitiv mit erhöhten Risiken verbunden ist. Noch ist das Projekt nicht ausgefallen, denn die fällige Annuität soll "nur" vier Monate nach hinten verschoben werden. Dennoch muss damit gerechnet werden, dass sich hier in der Zukunft Ausfälle ergeben (siehe Risikohinweise).
Im Juni haben wir uns erneut für drei separate Investments entschieden, wobei der Fokus aufgrund der besseren Verfügbarkeit dieser Projektkategorie leider auf Immobilien lag. Mit etwa 63 % haben Immobilienprojekte derzeit ein aus unserer Sicht zu hohes Gewicht in diesem Portfolio. Hier werden wir in den kommenden Monaten verstärkt gegensteuern müssen, sofern entsprechende Projekte zur Verfügung stehen. Die gewichtete Durchschnittsrendite wirkt mit 5,93 % natürlich sehr attraktiv, allerdings sind hier noch keine Ausfälle und Steuern berücksichtigt. Die erste Zinszahlung erwarten wir bereits für Ende Juni, wenn das Projekt von LeihDeinerUmweltGeld die erste (kleine) Annuität auszahlt. Alle Details zu unserem Portfolio finden Sie in der folgenden Grafik:
In dieses Projekt haben wir am 02. Juni 2016 die Mindestsumme von 500 € investiert. Als attraktiv empfanden wir das Projekt vor allem aufgrund des Standortes im Stadtteil Eppendorf der Hansestadt Hamburg. Gemeinhin wird dieser Teil Hamburgs auch in die Kategorie “bessere Gegend” eingeordnet, was uns als Immobilien-Laien zumindest auf eine solide Nachfrage schließen lässt. Im Rahmen des Projektes soll eine 6-geschossige Bestandsimmobilie saniert werden, wobei auch das Dachgeschoss ausgebaut und ein Fahrstuhl installiert werden soll. Es entstehen dabei 32 Wohneinheiten inkl. einer Gewerbeeinheit, die allesamt veräußert werden sollen.
Das Projekt wird auf der Exporo-eigenen Risikoskala in die Kategorie B eingeordnet. Wie schon im Mai-Eintrag erwähnt, ist uns allerdings nicht 100 % klar, wie diese Einstufung zustande kommt. In der Projektbeschreibung wird darüber hinaus angegeben, dass das von uns als Investoren vergebene Nachrangdarlehen zweckgebunden an die eigens gegründete Projektgesellschaft Conversio 2. Immobilienprojektentwicklungsgesellschaft mbH fließt. Das reduziert zumindest das Risiko, dass das Geld für andere Zwecke eingesetzt wird.
Zudem sind die Gewinne aus dem Verkauf der Wohnungen an die Investoren abgetreten (abzgl. eines Betrages von 100.000 €, auf den die Projekteigner unter bestimmten Bedingungen zugreifen können), allerdings auch nur, nachdem die vorrangigen Forderung der Bank beglichen sind. Deratige Gewinnabtretungsvereinbarungen sind stets mit einem gesunden Maß an Skepsis zu sehen, gleichzeitig aber besser als nichts.
Eine Frage, die sich uns bei der Recherche stellte, war die nach dem Verbleib der aktuellen Mieter. Im Exposé heißt es an einer Stelle “... Die größtenteils vermieteten Wohneinheiten ...”, allerdings findet sich kein Hinweis zum Umgang mit den Altmietern. Vielleicht ist die Sorge unbegründet, aber stellt sich mit unserem Investment hier evtl. ein ethisches Dilemma? Werden langjährige Mieter zugunsten zahlungskräftiger Wohnungskäufer aus dem Haus geekelt? Der Stadtteil Eppendorf lässt nicht gerade auf unterstützungsbedürftige Sozialfälle schließen, aber es ist eine Frage, die sich bei solchen Investments wohl häufiger stellen wird und auf die wir aktuell keine befriedigende Antwort haben.
Der Anlageprozess lief bei Exporo wie üblich einfach und problemlos. Einzig nervig war, dass wir die Kontoverbindung noch einmal eingeben mussten, obwohl diese eigentlich schon von den vorherigen Investitionen bekannt sein müsste. Der Investitionsbetrag wurde dann aber gewohnt zügig vom Girokonto per Lastschriftverfahren abgebucht. Erwähnenswert ist in diesem Kontext übrigens, dass das Darlehen laut Exporo schon ab dem Einzahlungstag verzinst wird und nicht erst ab dem Zeitpunkt der vollständigen Finanzierung durch die Investoren, wie es z. B. bei bettervest der Fall zu sein scheint. Der daraus resultierende Zinsvorteil ist bei so kleinen Beträgen wie unseren absolut gesehen relativ gering, aber immerhin vorhanden.
Seit Anfang Juni listen wir auch die österreichische Crowdfunding-Plattform Immofunding bei uns im Vergleich. Grund genug, sich mit einem kleinen Investment dort zu beteiligen. Da im Moment nur ein Projekt verfügbar ist, blieb uns letztlich nicht viel Auswahl. Die Grazer Neubauanlage in Terrassenbauweise überzeugte aber ohnehin durch die ungewöhnliche Architektur, die Barrierefreiheit und die relativ gute Lage in Graz Petersbergen.
Um das Ziel der breiten Diversifikation auch hier konsequent zu verfolgen, haben wir nur die Mindestsumme von 250 € investiert. Gut zu wissen ist übrigens, dass man laut Projekteigner Zugriff auf alternative Finanzierungen habe, sollte die Crowd das Projekt nicht zu 100 % finanzieren können. Diese Finanzierungsquellen seien dann zwar etwas teurer, aber die Umsetzung des Projektes scheint dadurch immerhin gesichert zu sein.
Leider finden sich zum Aspekt der Sicherheit nur relativ wenig Angaben bei Immofunding. Das Projekt an sich erscheint uns aufgrund der Art und Lage durchaus attraktiv zu sein. Zudem sind laut Projektbeschreibung etwa 30 % der Wohnungen bereits verkauft (zumindest wenn man das Wort “Vorverwertung” als “Verkauf” deutet), was grundsätzlich positiv stimmt, denn die Darlehen der Investoren werden letztlich aus den Verkaufserlösen zurückgezahlt.
Darüber hinaus bleiben uns jedoch wenig Anhaltspunkte, um die Risiken besser einschätzen zu können. Hier zeigen sich wieder einmal die Grenzen, die uns bei Crowdfunding-Projekten hinsichtlich der Einschätzung der Sicherheit gegeben sind. Man könnte hier noch viel spekulieren und analysieren, aber am Ende muss man wohl einfach nüchtern akzeptieren, dass man auf Basis der öffentlich einsehbaren Daten keine bessere Einschätzung vornehmen kann.
Was bei Immofunding generell auffällt ist, dass die Plattform doch sehr der von LeihDeinerUmweltGeld ähnelt. Die Ähnlichkeit ist nicht zufällig, denn beide verwenden das gleiche System von CrowdDesk (www.crowddesk.de), einem Anbieter von Crowdfunding-Lösungen (sogenannte White-Label-Software). Tendenziell finden wir das durchaus positiv, denn die Plattform von LeihDeinerUmweltGeld gehört derzeit mit zu unseren Lieblingen.
Etwas irritiert hat uns am Ende des Investitionsprozesses die Angabe der Zahlungsreferenz für die Überweisung der 250 €. Diese Referenznummer war im Browser nämlich schlichtweg nicht zu erkennen. In der einige Minuten nach Abschluss erhaltenen E-Mail war sie dann aber sichtbar und problemlos in die Überweisung kopierbar. Anschließend meckerte jedoch unser Zahlungsprogramm, denn die BIC sei angeblich falsch. Aus der IBAN konnten wir mit dem IBAN-Rechner aber die korrekte BIC extrahieren. Beide Stolpersteine haben wir Immofunding gemeldet, sodass diese hoffentlich zeitnah behoben werden.
Bei diesem Projekt handelt es sich um ein Portfolio aus fünf Solarkraftwerken, die von der Sonneninvest Deutschland GmbH & Co. KG u. a. mit den eingeworbenen Mitteln gekauft werden sollen. Ausgesucht haben wir uns dieses Projekt primär, um eine bessere Diversifikation unseres Portfolios hinsichtlich der Projekttypen zu erreichen. Im Moment haben Immobilienprojekte aufgrund der deutlich besseren Verfügbarkeit auf Crowdfunding-Plattformen noch die Oberhand im Portfolio, allerdings ist dies im Sinne einer Risikostreuung nicht gerade optimal. Auch der Immobilienmarkt wird nicht ewig so gut weiterlaufen wie die letzten Jahre. Mit dem Sonninvest3-Funding wollen hier etwas gegensteuern und auf ein Projekt setzen, das sich in einem ganz anderen Markt befindet (Erneuerbare Energien & EEG-Vergütungen). Da zum Zeitpunkt des Investments bereits 750 € unseres Budgets von 1.000 € verbraucht waren, blieb letztlich nur die Mindestanlage von 250 €.
Hier zeigt Econeers einmal schön, wie auf Crowdfunding-Plattformen Projekte glaubwürdig und transparent dargestellt werden können. So findet sich in der Projektbeschreibung nicht nur eine relativ ausführliche Wirtschaftlichkeitsrechnung sondern auch eine durchaus ordentliche SWOT-Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen, Gefahren). Man kann in dem Kontext natürlich argumentieren, dass jede Wirtschaftlichkeitsrechnung nur so gut ist wie ihre Annahmen, was sicherlich nicht von der Hand zu weisen ist. Gleichzeitig lassen sich so aber immerhin die Argumente und Zahlen der Projekteigner nachvollziehen.
Die Zahlen sehen auf den ersten Blick jedenfalls nicht ganz schlecht aus. Das Hauptrisiko liegt jedoch in der Sonneneinstrahlung. Fällt diese geringer aus als erwartet, so sinken auch die Erträge aus der Vermarktung des erzeugten Stroms. Prognostizieren lässt sich das leider nicht. Immerhin sind die Preise für den Verkauf des Stroms durch die Vorgaben des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) fixiert, was zumindest auf der Verkaufsseite Planungssicherheit schafft. Nach den Angaben in der Projektbeschreibung hat die Sonneninvest Deutschland GmbH & Co. KG in den letzten Jahren zudem stets Gewinne erwirtschaftet, was auf ein vernünftiges Management hoffen lässt.
Interessant an diesem Projekt ist zum einen der Frühinvestor-Bonus in Höhe von 1,5 % für das erste Jahr und die Bonuszinsen, die in Abhängigkeit des im Vorjahr erzielten Energieertrages ausgezahlt werden. So sind in guten Jahren bis zu 0,5 % mehr Rendite drin. Nach 5 Jahren haben Anleger zudem die Möglichkeit, das Darlehen vorzeitig zu kündigen, was dem Ganzen ein gewisses Maß an Flexibilität gibt.
Der Investitionsprozess war insgesamt recht unspektakulär. Die Fragen zur Erfahrung mit Finanz- und Anlageprodukten konnte man problemlos übergehen, was uns bisher nicht bewusst war. Scheinbar sind diese gar nicht so verpflichtend, wie bisher von uns angenommen. Schön finden wir im Übrigen auch, dass Econeers das Lastschriftverfahren nutzt. So entfällt die manuelle Überweisung auf das Treuhänderkonto.
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