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Crowdinvesting-Tagebuch Juli 2016 - Der Praxistest mit echtem Geld

15.07.2016 - Stefan Erlich - 0 Kommentare

Crowdfunding-Tagebuch mit Echtgeld-Test - Juli 2016

Jeden Monat berichten wir an dieser Stelle über unser Crowdfunding-Praxis-Portfolio ("Echtgeld-Test"), in das wir unser privates Geld stecken und im Ernstfall somit auch selbst bluten. In dieser dritten Ausgabe investieren wir insgesamt 1.020 € in zwei Projekte und stolpern dabei über unerwartete Probleme bei der Renditeberechnung. Auch machen uns die Folgen der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu schaffen. Zum Schluss heben wir noch den mahnenden Finger und warnen mit optischen Eindrücken vor einer zu starken Konzentration im Bereich Immobilien.

Der offizielle Risikohinweis vom Gesetzgeber: Der Erwerb von Vermögensanlagen über Crowdfunding ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.
Risikohinweise mit unseren eigenen WortenCrowdfunding ist nicht mit Festgeld vergleichbar. Zum einen ist das Ausfallrisiko der Anlage an sich deutlich höher und zum anderen besteht keine Einlagensicherung für den Notfall. Ihr einziger Schutz gegenüber Ausfällen ist die breite Streuung über eine hohe Anzahl von Projekten (z. B. 15.000 € verteilt auf 30 Projekte á 500 €). In einem solchen Portfolio werden über die Laufzeit mit Sicherheit einige Projekte ausfallen. Die Idee ist allerdings, dass diese durch die breite Streuung nicht ins Gewicht fallen und durch die hohen Zinsen überkompensiert werden. Sollte die Ausfallquote allerdings zu hoch sein, sind auch trotz Streuung Verluste möglich. Wenn Sie mit den kommenden Projektausfällen nicht umgehen können, sollten Sie hier am besten gar nicht erst weiterlesen, sondern schnell zum Tages- und Festgeld-Vergleich springen.

Neuigkeiten & Aktueller Portfolio-Überblick Juli 2016

  • Erste Zinszahlung:
    Anfang Juli erhielten wir nun die erste Zinszahlung aus unserem Portfolio (Projekt Bürgerenergiepark Eberswalde von LeihDeinerUmweltGeld). Mit 1,55 € (nach Steuern) fiel diese natürlich noch sehr gering aus, da das zugehörige Investment aus dem Mai noch nicht lange her ist. Dennoch ein schönes Gefühl! In dieser Zahlung war im Übrigen noch keine Tilgung enthalten, sodass weiter die vollen 500 € als investiert gelten. Die erste Tilgungsrate in Höhe von 20,87 € erwarten wir für Ende Juni 2017.
  • Neue Investments:
    Für das Juli-Portfolio haben wir uns für zwei Projekte entschieden. Dabei handelt es sich einmal um ein Immobilienprojekt von Zinsland und um ein (leider) sehr lang laufendes Solar-Projekt von greenXmoney. Insgesamt flossen so 1.020 € in unser Portfolio. Die zusätzlichen 20 € kommen leider durch die Investitionsgebühr von greenXmoney zustande, die nicht mit in der Zinsberechnung berücksichtigt wird (siehe Abschnitt zu den Problemen bei der Renditeberechnung). Ein Grund für die Auswahl des Projektes von greenXmoney war schlichtweg die Notwendigkeit der Diversifikation hin zum Bereich der erneuerbaren Energien.
  • Diversifikationsprobleme:
    Zunehmend problematisch erscheint uns, dass nur relativ wenige Nicht-Immobilien-Projekte auf Crowdfunding-Plattformen finanziert werden. Durch das neue Solarprojekt hat sich der Anteil der Immobilienprojekte in unserem Portfolio zwar etwas auf 58 % verringert. Wir würden diese Dominanz von Immobilien im Portfolio aber gern noch weiter reduzieren, um für einen irgendwann kommenden Abschwung im Immobilienmarkt gerüstet zu sein. Leider finden sich dafür nur wenige Projekte im Markt, was laut Plattform-Betreibern u. a. an den Änderungen am Erneuerbar-Energien-Gesetz (EEG) liegt, das Neuinvestitionen häufig unrentabel gemacht hat. Wir werden in den kommenden Monaten sehen, inwiefern eine Diversifikation außerhalb des Immobilienmarktes durch Crowdfunding noch möglich sein wird.
  • Probleme bei der Renditeberechnung:
    Ein Problem, über das wir bei unseren neuen Investments gestolpert sind, ist das der korrekten Renditeberechnung. Während viele Immobilieninvestments endfällig ihre Zinsen zahlen, erfolgt die Zinsgutschrift bei vielen Erneuerbare-Energien-Projekten jährlich oder sogar halbjährlich, häufig verbunden mit einer Tilgungsrate. Das erschwert die nachvollziehbare Berechnung der effektiven Portfolio-Rendite. greenXmoney z. B. gibt für das Projekt eine Rendite von 4,61 % an. Diese ist so auch korrekt. Rechnet man allerdings alle Zinszahlungen zusammen und setzt sie ins Verhältnis zum anfänglichen Kreditbetrag, ergibt sich nur eine Rendite von etwa 2,6 %. Der Unterschied kommt durch die halbjährliche Tilgung zustande, durch die sich der Referenzbetrag für die Zinsberechnung stetig verringert. Zu allem Überfluss haben die unterschiedlichen Crowdfunding-Plattformen auch noch unterschiedliche Zinszahlungs- und Tilgungstermine, was die Berechnung nicht gerade einfacher macht. Beachten Sie daher in der Infografik, dass die Gesamtrendite nur als eine Art Indikation zu verstehen ist. Wie wir in Zukunft die tatsächliche Rendite unseres Portfolios genau berechnen und darstellen werden, bedarf noch der ein oder anderen Brainstorming-Runde.
  • Wichtige Kennzahlen:
    In unser Echtgeld-Portfolio haben wir bisher insgesamt 3.020 € gesteckt, wobei der Betrag auf 8 Projekte verteilt wurde und pro Projekt durchschnittlich 378 € geflossen sind. Immobilien-Projekte machen mit 58 % leider immer noch den größeren Teil des Portfolios aus. Die als Indikation zu verstehende Rendite von etwa 5,88 % wirkt einerseits hoch, ist andererseits aber noch von keinen Ausfällen beeinträchtigt worden. Im Portfolio befindet sich derzeit auch ein kleiner Cash-Bestand in Höhe von 1,55 €, der sich aus der kürzlich erfolgten Zinszahlung des Projektes Bürgerenergiepark Eberswalde (LeihDeinerUmweltGeld) ergibt.
Aktuelle Projekte und Kennzahlen unseres Crowdfunding-Portfolios (Stand: Juli 2016)

Projekt 1: Zinsland Ahl Scholl (Neubau in Tönisvorst bei Düsseldorf)

Im Rahmen dieses Projektes werden in Tönisvorst (ca. 35 km von Düsseldorf entfernt) drei Neubauhäuser direkt im Zentrum gebaut, wodurch insgesamt 36 Eigentumswohnungen und eine Gewerbefläche entstehen. Das Projekt wird von der Tecklenburg GmbH umgesetzt, einem in NRW wohl recht bekannten und erfahrenen Projektentwickler. Dieser finanziert mit Zinsland nun schon das dritte Projekt per Crowdfunding. Das aktuelle Vorhaben erschien uns aufgrund der kurzen Laufzeit (1 Jahr), der hohen Zinsen (7 %), der zahlreichen Referenzen des Entwicklers und der Tatsache, dass bereits 21 von 36 Wohnungen verkauft sind, attraktiv, weshalb wir hier die Mindestsumme von 500 € investiert haben.

Zinsland-Projekt Ahl Scholl (Stand: Juli 2016)

Der Projektentwickler hat laut Zinsland eine persönliche Bürgschaft abgegeben, wobei unklar ist, ob diese nun von Herr Hermann Tecklenburg oder seinem Sohn Philipp Tecklenburg stammt. Grundsätzlich stimmt uns so etwas natürlich positiv. Andererseits ist schwer einzuschätzen ist, wie viel diese Bürgschaft im Falle des Falles wirklich wert ist, sprich, wie viel bei Familie Tecklenburg am Ende noch zu holen ist. Ein wenig misstrauisch machte uns die relativ kurze Laufzeit von 12 Monaten. Warum braucht ein Entwickler für 12 Monate Geld, wenn die Häuser im Rohbau ohnehin schon stehen und bereits 21 verkauft sind? Antworten darauf haben wir leider keine gefunden. Vielleicht gibt es auf diese Frage aber auch eine ganz einfache Antwort, die wir derzeit nur nicht sehen?

Projekt 2: greenXmoney Photovoltaik Maschinenhaus (Spreewitz, Sachsen)

Ein Investment in dieses Projekt unterscheidet sich etwas vom klassischen Crowdfunding bzw. Crowdinvesting, das in der Regel über nachrangige Darlehen funktioniert. Über greenXmoney kaufen Sie dem Projekteigner einer Solaranlage in Spreewitz die zukünftigen Einnahmen aus der Einspeisung des Solarstroms ab. Im Rahmen eines sogenannten Forderungskaufvertrages zahlen Sie diesem bereits heute die Einnahmen aus, vermindert um einen Risikonachlass in Form der Rendite von 4,61 %. Dafür steht Ihnen ein Teil der zukünftigen Einnahmen aus der Anlage zu, die im Rahmen einer Insolvenz des Projekteigners laut einem Gutachten deutlich vorrangiger bedient werden als die sonst üblichen Nachrangdarlehen. Entsprechend ist aber leider auch die Rendite nicht ganz so hoch.

greenXmoney-Projekt mit Photovoltaik in Spreewitz (Stand: Juli 2016)

Die Solaranlage gehört der Firma Bioethanolanlage Schwarze Pumpe GmbH & Co. KG, welche diese bereits seit 2011 betreibt. Wofür das eingesammelte Geld genutzt werden soll, konnten wir aus der Projektbeschreibung nicht entnehmen. Etwas geärgert hat uns auch, dass auf den von uns investierten Mindestanlagebetrag von 500 € noch eine Gebühr von 20 € von greenXmoney aufgeschlagen wird. Diese ist in der angegebenen Rendite nicht berücksichtigt und erschwert den Vergleich mit anderen Projekten und Plattformen. Darüber hinaus erfreut das Projekt aber durch die garantierten EEG-Einspeisungen, eine halbjährliche Zinszahlung und Tilgung sowie ein gutes (grünes) Gewissen. Letzteres und die Möglichkeit, sich im Backend der Anlage die aktuelle Energieausbeute anzuschauen, bringen letztlich wenig für die Rendite, sind aber zumindest nette Gimmicks.

Ein großes Manko dieses Projektes ist sicherlich die sehr lange Laufzeit von 15 Jahren. Wir haben das Projekt dennoch ausgewählt, da uns zum einen derzeit die Alternativen im Erneuerbare-Energien-Bereich fehlen und zum anderen die Plattform greenXmoney mit den etwas weniger riskanten Forderungskaufverträgen eine willkommene Abwechslung zu den sonst üblichen Nachrangdarlehen bietet. Uns wurde zudem von greenXmoney versichert, dass die Projekteigner die Rendite in jedem Falle zahlen müssen, auch wenn das Projekt nicht bis zu Ende finanziert wird, was angesichts der langen Laufzeiten und der damit einhergehenden geringen Attraktivität für Anleger nicht ganz unwahrscheinlich ist.

Mahnende Worte zum Thema Immobilien & Diversifikation

Ich arbeite derzeit aus persönlichen Gründen vom spanischen Valencia aus und bekomme hier hautnah mit, wie schnell und stark ein Immobilienmarkt in den Keller rauschen kann. Die Verkaufs- und Vermietungsanzeigen sind auf den Straßen allgegenwärtig ("se vende", "se alquila"). Teilweise finden sich handschriftlich geschriebene Anzeigen an den Wänden, auf denen Wohnungen zu Spottpreisen angeboten werden (3 Zimmer, 80 m², gute Lage, 70.000 €). Für jemanden, der gerade aus der Boomstadt Frankfurt eingeflogen ist, wirken diese fast schon surreal.

Immobilienanzeigen in den Straßen von Valencia

Der ein oder andere mag nun einwenden, dass der Standard der Wohnungen hier nicht so hoch ist wie in Deutschland, die Wohnungen häufig unrenoviert sind usw. Das ist alles richtig, geht aber an der eigentlichen Aussage vorbei. Uns geht es darum, darauf hinzuweisen, dass Immobilienmärkte keine Einbahnstraßen sind. Es mag in Deutschland im Moment gut laufen, aber ob das auch die nächsten 10 Jahre so bleiben wird, weiß niemand. Private Anleger liegen bei wirtschaftlichen Trends leider sehr häufig falsch und es wäre nicht das erste Mal, dass diese sich zu stark auf eine Anlageklasse konzentrieren.

Vom Höhepunkt des Marktes in Spanien haben Immobilien entlang der Küste durchschnittlich etwa 48 % an Wert verloren (siehe Spanish Property Insight). Das ist eine Halbierung innerhalb weniger Jahre! Kann in Deutschland nicht passieren? Vielleicht nicht, vielleicht doch? Niemand weiß es! Verlassen Sie sich im Rahmen Ihres Crowdfunding-Portfolios bitte nicht zu sehr auf den Immobilien-Bereich. Die Zinsen und Laufzeiten mögen verlockend wirken, sie resultieren aber auch aus entsprechendem Risiko. Ohne ausreichende Diversifikation über möglichst viele Projekte und eben auch Projekttypen (siehe z. B. LeihDeinerUmweltGeld, greenXmoney etc.) landen Sie früher oder später wahrscheinlich im roten Bereich.

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