15.07.2016 - Stefan Erlich - 0 Kommentare
Jeden Monat berichten wir an dieser Stelle über unser Crowdfunding-Praxis-Portfolio ("Echtgeld-Test"), in das wir unser privates Geld stecken und im Ernstfall somit auch selbst bluten. In dieser dritten Ausgabe investieren wir insgesamt 1.020 € in zwei Projekte und stolpern dabei über unerwartete Probleme bei der Renditeberechnung. Auch machen uns die Folgen der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu schaffen. Zum Schluss heben wir noch den mahnenden Finger und warnen mit optischen Eindrücken vor einer zu starken Konzentration im Bereich Immobilien.
Im Rahmen dieses Projektes werden in Tönisvorst (ca. 35 km von Düsseldorf entfernt) drei Neubauhäuser direkt im Zentrum gebaut, wodurch insgesamt 36 Eigentumswohnungen und eine Gewerbefläche entstehen. Das Projekt wird von der Tecklenburg GmbH umgesetzt, einem in NRW wohl recht bekannten und erfahrenen Projektentwickler. Dieser finanziert mit Zinsland nun schon das dritte Projekt per Crowdfunding. Das aktuelle Vorhaben erschien uns aufgrund der kurzen Laufzeit (1 Jahr), der hohen Zinsen (7 %), der zahlreichen Referenzen des Entwicklers und der Tatsache, dass bereits 21 von 36 Wohnungen verkauft sind, attraktiv, weshalb wir hier die Mindestsumme von 500 € investiert haben.
Der Projektentwickler hat laut Zinsland eine persönliche Bürgschaft abgegeben, wobei unklar ist, ob diese nun von Herr Hermann Tecklenburg oder seinem Sohn Philipp Tecklenburg stammt. Grundsätzlich stimmt uns so etwas natürlich positiv. Andererseits ist schwer einzuschätzen ist, wie viel diese Bürgschaft im Falle des Falles wirklich wert ist, sprich, wie viel bei Familie Tecklenburg am Ende noch zu holen ist. Ein wenig misstrauisch machte uns die relativ kurze Laufzeit von 12 Monaten. Warum braucht ein Entwickler für 12 Monate Geld, wenn die Häuser im Rohbau ohnehin schon stehen und bereits 21 verkauft sind? Antworten darauf haben wir leider keine gefunden. Vielleicht gibt es auf diese Frage aber auch eine ganz einfache Antwort, die wir derzeit nur nicht sehen?
Ein Investment in dieses Projekt unterscheidet sich etwas vom klassischen Crowdfunding bzw. Crowdinvesting, das in der Regel über nachrangige Darlehen funktioniert. Über greenXmoney kaufen Sie dem Projekteigner einer Solaranlage in Spreewitz die zukünftigen Einnahmen aus der Einspeisung des Solarstroms ab. Im Rahmen eines sogenannten Forderungskaufvertrages zahlen Sie diesem bereits heute die Einnahmen aus, vermindert um einen Risikonachlass in Form der Rendite von 4,61 %. Dafür steht Ihnen ein Teil der zukünftigen Einnahmen aus der Anlage zu, die im Rahmen einer Insolvenz des Projekteigners laut einem Gutachten deutlich vorrangiger bedient werden als die sonst üblichen Nachrangdarlehen. Entsprechend ist aber leider auch die Rendite nicht ganz so hoch.
Die Solaranlage gehört der Firma Bioethanolanlage Schwarze Pumpe GmbH & Co. KG, welche diese bereits seit 2011 betreibt. Wofür das eingesammelte Geld genutzt werden soll, konnten wir aus der Projektbeschreibung nicht entnehmen. Etwas geärgert hat uns auch, dass auf den von uns investierten Mindestanlagebetrag von 500 € noch eine Gebühr von 20 € von greenXmoney aufgeschlagen wird. Diese ist in der angegebenen Rendite nicht berücksichtigt und erschwert den Vergleich mit anderen Projekten und Plattformen. Darüber hinaus erfreut das Projekt aber durch die garantierten EEG-Einspeisungen, eine halbjährliche Zinszahlung und Tilgung sowie ein gutes (grünes) Gewissen. Letzteres und die Möglichkeit, sich im Backend der Anlage die aktuelle Energieausbeute anzuschauen, bringen letztlich wenig für die Rendite, sind aber zumindest nette Gimmicks.
Ein großes Manko dieses Projektes ist sicherlich die sehr lange Laufzeit von 15 Jahren. Wir haben das Projekt dennoch ausgewählt, da uns zum einen derzeit die Alternativen im Erneuerbare-Energien-Bereich fehlen und zum anderen die Plattform greenXmoney mit den etwas weniger riskanten Forderungskaufverträgen eine willkommene Abwechslung zu den sonst üblichen Nachrangdarlehen bietet. Uns wurde zudem von greenXmoney versichert, dass die Projekteigner die Rendite in jedem Falle zahlen müssen, auch wenn das Projekt nicht bis zu Ende finanziert wird, was angesichts der langen Laufzeiten und der damit einhergehenden geringen Attraktivität für Anleger nicht ganz unwahrscheinlich ist.
Ich arbeite derzeit aus persönlichen Gründen vom spanischen Valencia aus und bekomme hier hautnah mit, wie schnell und stark ein Immobilienmarkt in den Keller rauschen kann. Die Verkaufs- und Vermietungsanzeigen sind auf den Straßen allgegenwärtig ("se vende", "se alquila"). Teilweise finden sich handschriftlich geschriebene Anzeigen an den Wänden, auf denen Wohnungen zu Spottpreisen angeboten werden (3 Zimmer, 80 m², gute Lage, 70.000 €). Für jemanden, der gerade aus der Boomstadt Frankfurt eingeflogen ist, wirken diese fast schon surreal.
Der ein oder andere mag nun einwenden, dass der Standard der Wohnungen hier nicht so hoch ist wie in Deutschland, die Wohnungen häufig unrenoviert sind usw. Das ist alles richtig, geht aber an der eigentlichen Aussage vorbei. Uns geht es darum, darauf hinzuweisen, dass Immobilienmärkte keine Einbahnstraßen sind. Es mag in Deutschland im Moment gut laufen, aber ob das auch die nächsten 10 Jahre so bleiben wird, weiß niemand. Private Anleger liegen bei wirtschaftlichen Trends leider sehr häufig falsch und es wäre nicht das erste Mal, dass diese sich zu stark auf eine Anlageklasse konzentrieren.
Vom Höhepunkt des Marktes in Spanien haben Immobilien entlang der Küste durchschnittlich etwa 48 % an Wert verloren (siehe Spanish Property Insight). Das ist eine Halbierung innerhalb weniger Jahre! Kann in Deutschland nicht passieren? Vielleicht nicht, vielleicht doch? Niemand weiß es! Verlassen Sie sich im Rahmen Ihres Crowdfunding-Portfolios bitte nicht zu sehr auf den Immobilien-Bereich. Die Zinsen und Laufzeiten mögen verlockend wirken, sie resultieren aber auch aus entsprechendem Risiko. Ohne ausreichende Diversifikation über möglichst viele Projekte und eben auch Projekttypen (siehe z. B. LeihDeinerUmweltGeld, greenXmoney etc.) landen Sie früher oder später wahrscheinlich im roten Bereich.
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